Wer ist eigentlich… Epeli Hau‘Ofa?

Er gilt als einer der bekanntesten polynesischen Anthropologen der Welt – der Wissenschaftler und Autor Epeli Hau’ofa. Der Sohn einer Missionarsfamilie wurde in Tonga geboren und interessierte sich bereits seit seiner Kindheit für die Ozeanische Kultur, in der er aufwuchs. So studierte er Anthropologie in Tonga, Papua und Fidschi bevor er seine Studien in Australien und Kanada fortsetzte und an der Australian National University seinen Doktor machte. Bald kehrte Hau’Ofa in seine Heimat zurück und begann, sich intensiv mit Wegen auseinander zu setzen, wie man die einzigartige Kultur und Kunst der Südpazifik Region bewahren und schützen könnte. 1997 gründet Epeli Hau’Ofa das Oceania Centre for Arts and Culture auf Fidschi, das maßgeblich dazu beitrug, die einzigartige Kulturlandschaft Ozeaniens zu erforschen.

Ein authentischer Blick auf die Ozeanische Kultur

Als indigener Anthropologe war Epeli Hau’Ofa unter seinen Kollegen eine Seltenheit, denn gerade die Anthropologie war und ist immer noch in weiten Teilen eine westliche Domäne. Wie problematisch es ist, wenn westliche Ethnologen und Anthropologen indigene Kulturen deuten, macht Hau’Ofa in zahlreichen Vorträgen, Aufsätzen und wissenschaftlichen Arbeiten deutlich. Nicht nur legt er den Finger auf das Problem des noch immer nicht völlig ausgemerzten Rassismus in der Region, er erklärt auch, dass westliche Erklärversuche der polynesischen und ozeanischen Kultur unweigerlich scheitern müssen.

Die Tradition des Storytelling wiederbelebt

Nicht zuletzt deswegen verschrieb sich Epeli Hau’ofa mit Leib und Seele der Wiederbelebung seiner Heimatkultur: Mit zahlreichen Büchern, Geschichten und Erzählungen wirft er einen teilweise humoristischen Blick auf die politische und soziologische Situation in Ozeanien:

In seinem humorvollen Geschichtenband „Rückkehr durch die Hintertür“ (Unionsverlag) erzählt er von der größten Tugend seiner Heimat Tonga: Dem entspannten Faulenzen. Leider wird dieses fröhliche Nichtstun immer wieder durch neugierige Anthropologen und Entwicklungshelfer gestört, die einfach nicht verstehen wollen, dass das Leben einfach nur genossen werden will. Dieser hektische Aktionismus der westlichen Entwicklungshelfer führt jedoch unweigerlich dazu, dass sich die gerissenen Bewohner Tongas zu wahren Meistern im Erstellen von Bittgesuchen verwandeln – um fortan noch komfortabler zu faulenzen.

Auch sein Buch „Tales of the Tikons“ steht ganz in der Tradition der mündlichen Erzählkultur, die in der ganzen pazifischen Region seit Urzeiten gepflegt wird. Dieses Buch ist eine Sammlung von Essays, Kurzgeschichten und Gedichten aus drei Jahrzehnten, die aus unterschiedlichen Perspektiven die aktuellen Probleme der Region beleuchten. Hau’Ofas Texte ziehen sich durch ganz Ozeanien und bestechen durch ihren ausdrucksstarken und bildlichen Stil. So wurde Epeli Hau’Ofa zur Stimme einer ganzen Generation von Bewohnern der Pazifik Region und zu einer literarischen Ikone der ozeanischen Literatur.

Nicht nur hat er das Genre des Storytellings neu belebt, er schafft es auch, mit einer ganz nüchternen und teils humorvollen Stimme, den Blick für die vielfältigen kulturellen  Herausforderungen zu schärfen.

Epeli Hau’Ofa starb am 11. Januar 2009 in seinem Haus in Suva auf Fidschi im Alter von 70 Jahren. Er zählt heute zu den größten Ozeanischen Literaten und gilt bis heute als einer der wichtigsten Anthropologen der Südsee. In seiner Wahlheimat Fidschi und in seinem Geburtsland Tonga wird er heute als Nationalheld gefeiert.


Bild Epeli Hau`ofa via creativetalanoa.com

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1 Kommentar

  1. Schade wird Epeli Hau’ofa (nicht Hau’Ofa) in diesem Beitrag misrepräsentiert:

    Epeli Hau’ofa sah sich selbst als Ozeanier (nicht als Polynesier).

    Epeli Hau’ofa ging es nicht darum, die Ozeanische Kultur zu bewahren (“cultural preservation”), sondern darum, dass sich junge Menschen aus Ozeanien AKTIV und auf IHRE ART mit sich und der Globalisierung (welche nicht zu stoppen ist) auseinandersetzen und so IHREN Platz darin finden, beziehungsweise so die Zukunft ihrer Kultur prägen können. 2014/2015 war das «Oceania Centre for Arts, Culture and Pacific Studies (OCACPS)» Teil eines Kulturbewahrungsdiskurses, welcher jedoch nicht Hau’ofas Gründungsidee entspricht.

    Ja, seine Romane sind in pazifischen Inselstaaten (oder Ozeanien) sehr beliebt, mitunter weil sie den lokalen Humor-Nerv treffen und gleichzeitig eine Realität aufzeigen, mit welchen sich vielen Menschen der Region identifizieren können.

    In Fiji wird Hau’ofa jedoch nicht als Nationalheld gefeiert, ist er doch vorwiegend “nur” in akademischen Kreisen bekannt. Nationalheld würde denn auch gar nicht zu Hau’ofa’s Verständnis und Vision von «Ozeanien» passen: Er beschrieb Ozeanien als eine über das Meer verbundene Grossregion und nicht als eine Gruppe kleiner Nationalstaaten…

    Hau’ofa’s akademisches zu Hause war lange Zeit die University of the South Pacific (USP). In meiner Publikation in The Australian Journal of Anthropology (TAJA) finden Sie mehr Hintergrund zu Hau’ofa und dem Status der Anthropologie im Südpazifik: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/taja.12388

    Kim Andreas Kessler, May 2021

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