Denkt man an Neuseeland, denkt man häufig zuerst an atemberaubende Landschaften, lange Flugreisen, Kiwis, Schafe, Maori und Backpacker. Es gibt unzählige Reiseführer und Blogs, die Sie auf Ihre Reise ans andere Ende der Welt vorbereiten und Sie mit vielen Informationen über Land, Leute und Kultur versorgen. Dennoch gibt es auch einen anderen Weg sich dem Land anzunähern und einen kulturellen Vorgeschmack zu bekommen: Durch die Welt der Filme!
Zugegebenermaßen beeinflusste der Herr der Ringe Neuseeland in vielerlei Hinsicht. Es entstand ein regelrechter Tourismusaufschwung durch die Abenteuer der Hobbits. Man kann nicht nur unzählige Touren buchen, die einen zu den Drehorten bringen, auch auf dem Weg nach Neuseeland begegnet man den Bewohnern von Mittelerde: Air New Zealand hat eine ihrer Boeings mit Tolkiens Charakteren gestalten lassen.
Die Hauptstadt, Sitz der neuseeländischen Filmindustrie, Wellington bekam den Spitznamen „Wellywood“. Laut Paradisi.de wurden in Neuseeland zwischen 1940- 2000 166 Filme gedreht. 128 Filme waren es bereits schon zwischen 2000 und 2009 – ein Anstieg, den man mit Sicherheit auch Peter Jacksons Filmen zu verdanken hat.
Herr der Ringe in allen Ehren, doch sind es gerade die kleineren, hierzulande oft unbekannteren Produktionen, durch die man einen besseren, umfangreicheren Eindruck vom Land der langen, weißen Wolke bekommt. Hier eine Auswahl an Filmen, die es sich lohnt noch vor ihrem Neuseeland Urlaub zu schauen.
» In my father`s Den / Als das Meer verschwand (2004)
Ein virtuos erzähltes und doch zurückhaltendes Drama über den nach Neuseeland zurückkehrenden Kriegsreporter Paul. Doch trügt der Schein: Es ist keine idyllische Heimkehrergeschichte. Der Grund für Pauls Wiederkehr ist die Beerdigung des Vaters. Nach und nach kommen dunkle Familiengeheimnisse ans Licht. Paul wird von Ereignissen eingeholt, Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen. Die Antworten auf Wahrheit, die im Film gegeben werden, sind niemals einfach. Im Film wird man aber nicht nur mit starken, emotionsgeladenen Bildern konfrontiert, sondern man bekommt auch eine tolle Aussicht auf die bergige Landschaft von Central Otago.
» Whale Rider (2000)
Der Film, der auf dem Buch von Witi Ihimaera beruht, handelt von dem zwölfjährigen Maorimädchen Paikea, die sich gegen die Konvention ihres Stammes, nur Männer zum Häuptling zu ernennen, auflehnt. Besonders ihr Großvater Koro kann ihren Wunsch, Stammesoberhaupt zu werden, nicht akzeptieren. Paikea muss nun nicht nur um ihre Rolle in der Stammesgesellschaft kämpfen, sondern auch um die Zuneigung ihres geliebten Großvaters. Keisha Castle-Hughes brachte der Film eine Oscar-Nominierung als damals jüngste Schauspielerin für die Kategorie „beste Hauptdarstellerin“ ein. International wurde er von Kritikern gefeiert. Der Film ist ein sensibles Abbild der Zerrissenheit der Maori zwischen ihren Jahrhunderte alten Traditionen und der modernen Gesellschaft in Neuseeland. Gedreht wurde der Film übrigens im malerischen Whangara, ein kleiner Ort im Nordosten der Nordinsel.
» Once were warriors / Die letzte Kriegerin (1994)
Dieser Film thematisiert ebenfalls die Probleme der Maori, ihre Rolle in der schnelllebigen, urbanisierten Gesellschaft Neuseelands zu finden. Als Aussätzige behandelt, lebt Hekes Familie in einem schäbigen Vorort von Auckland. Seit Jahren arbeitslos, verzweifelt der Familienvater immer mehr an der Situation. Alkoholsucht und Gewalt gegenüber seiner Frau Beth und den Kindern dominieren zunehmend den Alltag. Die Familie droht daran zu zerbrechen, doch Beth besinnt sich ihrer Maori Herkunft, gewinnt ihre Stärke zurück und versucht die Familie vor dem Abgrund zu bewahren. Es ist ein sehr raues, ehrliches Werk, das 20 internationale Preise erhielt. Noch heute zählt „Once were warriors“ zu den erfolgreichsten Filmen Neuseelands.
» The Piano / Das Piano (1993)
Der Film von der australischen Regisseurin Jane Campion dreht sich um die taubstumme Ada, die sich mittels der Musik ausdrückt. Sie ist eine leidenschaftliche Pianistin, die 1850 mit ihrer Tochter Flora von Schottland nach Neuseeland geschickt wird, um mit dem Briten Alistair verheiratet zu werden. Auf der Südinsel angekommen, weicht Neugier schnell der Enttäuschung. Alistair verkauft ihr Klavier an seinen Freund George. Nur durch Klavierstunden und gewisse „andere Konditionen“ kann die verzweifelte Ada ihr Klavier zurückkaufen. In satten, dunklen Blau und Grüntönen wird der Zuschauer Beobachter eines komplexen, erotischen Dreiecksspiels. Auch wenn der Film auf der Südinsel spielt, wurde er im Norden gedreht. Die wunderschönen Strände „Piha“ und „Karekare“ erstrecken sich vor den Toren Aucklands. Campions Werk wurde in Cannes mit zwei Preisen ausgezeichnet und „Das Piano“ zählt zu den Klassikern des neuseeländischen Kinos.
» Eagle vs. Shark (Liebe auf Neuseeländisch) (2007) & Flight of the Conchords (2007)
Auch wenn der Eindruck bis jetzt ein anderer sein mag: Neuseeland hat nicht nur nachdenkliche, düstere Filme im Repertoire! Die Kiwis sind auch ein lustiges Völkchen und haben auch allerhand für den Komödienliebhaber zu bieten. Eagle vs. Shark ist die Liebesgeschichte der zwei Nerds Lily und Jarrod. Lily arbeitet in einem Fastfoodrestaurant und verliebt sich in Jarrod, als dieser dort zu Gast ist – und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Jedoch einen ungewöhnlichen und witzigen. Liebhaber von schrulligen Komödien wie „Napoleon Dynamite“ und Woody Allens „Whatever works“ kommen hier auf ihre Kosten. Jarrod wird übrigens von Jemaine Clement gespielt, der durch die Comedyshow „Flight of the Conchords“ bekannt wurde.
Auch wenn Flight of the Conchords kein Film ist, möchte ich allen Neuseelandfans, denen die Serie noch unbekannt ist, diese ans Herz legen: Die Serie beschreibt das fiktive Alltagsleben der gleichnamigen, realen Band. Jermaine und Bret (sprich: Britttt) verlassen Neuseeland und versuchen ihr Glück in New York. Dort angekommen, wohnen sie in einer schäbigen Wohnung in Chinatown, haben nur einen Fan (die zum Stalking tendierende Mel), kaum Geld und ihr Bandmanager Murray verschafft ihnen alles andere als ausverkaufte Konzerte. So begleitet man Bret und Jemaine durch ihren Alltag: Jobs als lebendige Werbeschilder, Dauergast in der Pfandleihe, interne Streitigkeiten, Liebeskummer und diverse Auftritte- so zum Beispiel auf einer internationalen, eher beschaulichen Messe, direkt neben dem… Australienstand.
Die Serie parodiert sämtliche Stereotypen (besonders gern die australischen) und Musikgenres – und nicht zuletzt ein wenig sich selbst. Eine kleine Kostprobe gibt es hier:
CC © Fotos Hobbit Boeing by markyharky/Flickr; Whale Rider by Naveg/Flickr; Flight by M.Markus/ Flickr