Sie sprang aus Flugzeugen, trank und fluchte wie ein Seemann, befehligte Hunderte von Guerillakämpfern, brach einem Deutschen Gestapo Offizier mit einem einzigen Faustschlag das Genick, wurde gefoltert und floh einem Nazi-Gefängnis, während auf ihren Kopf ein Kopfgeld von 5 Millionen Franc ausgesetzt ist.
Was klingt wie ein hochspannender Agententhriller ist das Leben der Kriegsheldin Nancy Wake. Weltenbummlerin, Journalistin, Bohèmienne, Résistance-Kämpferin, Spionin, Kriegsheldin – Nancy Wake war ein Mysterium und ist es auch nach ihrem Tod. Die gebürtige Neuseeländerin war ein Freigeist – beinahe von Anfang an. Wie es dazu kam, dass sie zur einer der mutigsten Kriegsheldinnen des zwanzigsten Jahrhunderts wurde – nun, darüber wunderte sie selbst sich am allermeisten.
Die Mata Hari des Zweiten Weltkriegs
Nancy Wake kommt im August des Jahres 1912 bei Wellington zur Welt. Als jüngstes von sechs Kindern wächst sie in kargen, ärmlichen Umständen auf. Die streng religiöse Mutter versucht die Kinder alleine durch zubringen – der Vater hat die Familie schon früh verlassen. Mit sechzehn Jahren bricht Nancy aus. Sie verlässt die Schule, besteigt ein Schiff nach Australien, schlägt sich so durch, geht dann nach New York und nach London, dann 1933 nach Paris, arbeitete als freie Journalistin und erlebte hautnah den Aufstieg des Faschismus und die Folgen der Naziherrschaft.
Irgendwann verschlägt es sie nach Wien. Dort soll sie für eine englische Zeitung eine Reportage über diesen gefährlichen Mann namens Adolf Hitler schreiben. Hitler ist gerade dabei, Österreich zu annektieren und als Nancy Wake in Wien ankommt, sieht sie mit eigenen Augen den Beginn der Judenverfolgung. Anders als viele Zeitzeugen jener Jahre schaut Nancy nicht weg, als jüdische Familien auf Güterzüge verladen werden und in ihr keimt eine unbändige Wut auf die Nazis: Sie schwört, das Dritte Reich zu bekämpfen, komme da was wolle.
Die Weiße Maus lehrt Nazis das Fürchten
Nancy Wake, die inzwischen in Marseille lebt, erlebt den Beginn des Zweiten Weltkrieges als ein einziges Chaos. 1940 wird in Südfrankreich das Vichy Regime unter Marschall Petain errichtet und der französische Widerstand, die Résistance, formiert sich. Die junge Journalistin hilft zunächst deutschen Emigranten und britischen Soldaten das Land zu verlassen und schließt sich bald der Résistance an. Schnell ist ihr die Gestapo auf den Fersen und sie muss nach England fliehen. Dort schließlich, wird sie als Agentin der Spezialeinheit SOE ausgebildet.
Im April 1944 kehrt sie als fertig ausgebildete Spionin nach Frankreich zurück: Sie springt mit einem Fallschirm über der Auvergne ab und kämpft an vorderster Front gegen die Deutschen Besatzer. Sie war verantwortlich für zahlreiche Sabotageakte gegen die Deutsche Armee und koordinierte auch Sprengstoffattentate.
Die Nazis hingegen hatten lange Zeit keine Ahnung, wer sie da so erfolgreich bekämpfte und gaben der mysteriösen Agentin den Codenamen „Weiße Maus“. Als die SS endlich dahinter kam, wer die Weiße Maus war, floh Nancy Wake, tötete auf dem Weg noch einen Soldaten indem sie ihm mit ihren Händen das Genick brach und trickste die Nazis ein ums andere Mal aus.
ABC Australia: Tribute to Nancy Wake (engl.)
Verehrt bis zum Schluss
Ihr Mann, ein französischer Industrieller, hatte weniger Glück. Er wurde von der Gestapo verhaftet und gefoltert – man versuchte ihn dazu zu bringen, seine Frau zu verraten. Er tat es nicht und wurde getötet. Nancy Wake wurde durch diesen Verlust jedoch nur noch entschlossener, die Naziherrschaft endgültig zu Fall zu bringen.
Am Ende wurde sie doch geschnappt, doch während ihre Freunde und Kolleginnen oft in deutschen Konzentrationslagern ermordet wurden, gelang es Wake zu fliehen.
Als der Krieg schließlich zu Ende ging, war die schöne Neuseeländerin Nancy Wake eine gefeierte Heldin. Sie wurde mit Medaillen überschüttet, darunter die American Medal of Freedom und die französische Legion d’Honneur. Am Ende verkaufte sie all ihre Orden und lebte fortan komfortabel von dem Geld das sie dafür bekam.
Nancy Wake sprach nach dem Krieg nur wenig über ihre Abenteuer, doch 1985 verfasste sie schließlich ihre Memoiren. Ihre Liebe zu schönen Männern, Alkohol und Zigarren ist ihr geblieben. Sie starb 2011 im Alter von 98 Jahren in London.