Must See Yap: Steingeld

Die westpazifische Inselgruppe Yap, etwa 1300 km vor Neuguinea gelegen, gilt vor allem bei Tauchern als absoluter Geheimtipp. Darüber hinaus ist die traumhaft schöne Inselgruppe aber auch wegen eines ausgesprochen kuriosen Brauchs berühmt: Steingeld.

Anthropologen, Kolonialherren und sogar der Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedmann haben schon über diese sehr ungewöhnliche Währung gestaunt. Anstelle von Münzen, Scheinen oder sonstigen Wertgegenständen wurden auf Yap riesige Steinscheiben, Rai genannt, als Zahlungsmittel verwendet, die  in den Gärten oder vor den Häusern der Bewohner stehen. Diese Felsbrocken wurden mühsam bearbeitet, mit einem großen Loch in der Mitte versehen, um sie von anderen Felsen zu unterscheiden und erhielten so ihren Wert.

Rai-Steingeld auf Yap

Natürlich hätte man auch Hühner oder Perlen verwenden können, doch Felsbrocken sind nun einmal langlebiger und deutlich imposanter. Leider eben auch um einiges schwerer und dementsprechend umständlicher (versuchen Sie einmal einen drei Tonnen schweren Stein in Ihre Geldbörse zu stecken), weswegen die findigen Inselbewohner eine relativ unorthodoxe Lösung gefunden haben: Die Bewohner von Yap einigten sich einfach darauf, dass bei einem Tauschgeschäft das Steingeld nicht mehr physisch bewegt werden muss, sondern dass es völlig ausreichend ist, wenn der Stein an Ort und Stelle bleibt – vorausgesetzt jeder weiß davon, dass dieser nun Eigentum einer anderen Person geworden ist. Und so macht man es auf Yap bis heute: Der Käufer „übergibt“ seinen Stein einfach symbolisch dem Verkäufer und alle sind zufrieden. So stehen auf den Grundstücken der Insel noch heute unzählige riesige Steinbrocken, von denen nur die Inselbewohner wissen, welcher wem gehört.

Präsentation eines Rai beim Gründungsfest Mikronesiens 1978

Wieviel ein solcher Rai wert ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So bemisst sich der Wert eines Steins zum Beispiel an seiner natürlichen Schönheit, an seiner Größe und Form, aber auch danach, wie alt er ist oder ob bei seiner Herstellung Menschen ums Leben gekommen sind.

Heute wird das Steingeld nur noch bei symbolischen Geschäften, wie zum Beispiel einem Hauskauf verwendet – die Dorfältesten behalten dabei im Gedächtnis welcher Stein zu welcher Familie gehört.

Rais vor einem Haus in Yap

Dieses Steingeld, das auch heute noch traditionell als gültige Währung verwendet wird, gehört sicher zu den bemerkenswertesten Sehenswürdigkeiten der gesamten Region und lädt durchaus zum Nachdenken ein: Ist denn unsere Art, Transaktionen vorzunehmen nicht weniger sonderbar? Wenn wir virtuelles Geld von einem zum anderen überweisen, an den Börsen mit Millionenbeträgen handeln, die nur in Form von Bits und Bytes existieren, übertragen wir schließlich auch nur symbolische Besitztümer, die weit weniger wirklich sind, als die riesigen Steinscheiben in den Gärten von Yap.

Doch keine Sorge – heute kann man auf Yap auch mit „normalem“ Geld bezahlen. Die offizielle Währung ist der US-Dollar.


Fotos: Rai Präsentation – gemeinfrei, Yap-Steingeld – Eric Guinther CC BY-SA 3.0, Rai vor Haus in Yap – gemeinfrei //  alle via Wikipedia

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Lust auf mehr?